Einakter

Alles, was die zwölf Zeilen überschreitet - aber auch noch nicht an die Länge der Slamgedichte/die Vortragsdauer von drei Minuten (oder mehr) heranreicht.

Wiesellemur & das dreihundertneunundfünfzigste Gedicht

Wiesellemur

Und in der letzten Madagaskar-Woche tauchte dann doch noch ein zusätzlicher, noch nicht von einem Gedicht bedachter Lemur vor meiner Kamera auf. Auf welche Weise, erklärt sein Ged/sicht.

Der Wiesellemur (Englisch: sportive lemur)

Nur der drolligen Pupillen wegen
Sollt' man nicht den Willen hegen
Den Schlafkloß aus dem Astlochschacht
Hinauszustoßen - gleichwie sacht!

Ach, achteten wir den nachtaktiven
Tagesablauf des sportiven
Wiewohl meist ruhenden Wiesellemuren
Würden wir ihn kaum auf unseren Touren
Egoman entzückungssüchtig
Einmal kurz, beglückt und flüchtig
Aus dem Schlaf ins Helle stupsen
Dann in unsren Fokus schupsen

Sein Blick irrt halbgar: "Was'n los?!"
Mit Augen, die gar doppelt groß

Da gluckst die Hingerissenheit
Ob solch massiver Niedlichkeit

Werter Wiesellemur, verzeih'n Sie die Störung
Die Ihnen laut Murren nur wenig gefällt
Doch dient dieses Opfer durch Optik-Betörung
Versöhnlichst dem inneren Frieden der Welt!

La Digue & das dreihundertsechsundfünfzigste Gedicht

La Digue, Uferstraße

Wenig originell, aber ein verlässlicher Quell sprudelnden Glücksgefühls: Fahrradtouren auf La Digue.

Gott ist ein Fahrrad

Ich schiebe per Pedale die ruhigste Kugel
Die sich irgendein Gott für das Erdreich ersann
Ich gelobe dem ewigen Offline und google
Mir Videos, Stichwort: "sehr glücklicher Mann"

Wo Flughunde die Lüfte cruisen
Und Üppigkeit und Sanftheit schmusen
Wo jede Blüte Farbe singt
Von jedem Ast ein Vogel winkt

Jede nächste Kurve, die ich mir ertrete
Beschert eine weitere Fototapete
Vom Schattenspiel des Walds erfrischt
Zwei Meter später: Meeresgischt

Wirklich alle Elysien der Weltreligionen
Kacken kraftlos und sämig gegen diesen Ort ab
Wie sollte sich da all die Fügsamkeit lohnen
Wo ich schon viel Schön'res durchs Flugticket hab?

Ach, Seligkeit des Hedonismus
Bleib du Begleiter meiner Fahrt
Und lass dereinst mich ewig strampeln
Rund um La Digue, mit einem Rad!

Baobab & das dreihunderteinundfünfzigste Gedicht

Avenue of the Baobabs, Morondava

Die Baobab-Allee

Palastsäulenartig erhebt sich der Stamm
Aus dem Kern seiner Masse zur Krone empor
Es ist Ehrfurcht, die ich in die Herzkammern ramm'
Und in ratloser Andacht steh' ich nun davor

Jene Allee, die solch Solitäre formiert
Zum Sinnbild von einem gebeutelten Land
Und unbeirrt beugsam majestätisiert
Als Letzte des Urwalds, der hier einmal stand

Denn dies ist ein Friedhof, der sagt dir: Gedenke
All jener gekappten Idyllengelenke
Dem die mächtigen Bäume nur Kreuze sind
Die allein über eintausend Jahre gerettet
Dass durch sie die Reue der Gläubigen rinnt
Dass Heiligkeit sie an Unfällbarkeit kettet

Einsam thront der Baobab
Die Asche um ihn schon verweht
Er steht als Kreuz auf einem Grab
In einem Reich, das untergeht

Krokodil & das dreihundertneunundvierzigste Gedicht

Krokodil Madagaskar auf dem Tsiribihina.

Wir hatten die Garantie, dass diese Tiere unser Zelt am Flussufer nicht angreifen würden, weil sie viel zu viel Angst hätten. Wir haben das mal geglaubt. Es hätte eh nicht ins Zelt gepasst.

Das Krokodil

Das Krokodil liegt einfach da
Die Schreckensschnauze auf halb acht
So ruht mit ihm auch die Gefahr
Die uns so sorgsam beigebracht

Was grad aber nun unsere Neugierde weckt
An dem Monstrum, das so sanft hier niedergestreckt
Und blass einlädt zur näheren Inspektion
Und zum Test, ob allmählich sich langsam nicht schon
Erübrigt der vordem verbreitete Schrecken
Doch abermals gibt's für uns nur zu entdecken:
Von Schnellkraft und Bisswut und Grauen ermächtigt
War'n all jene Warnungen durchaus berechtigt!

Das Krokodil liegt einfach da
Und in ihm drin - ein weit'rer Narr

Lakana Be III & das dreihundertdreiundvierzigste Gedicht

Tsiribihina River Sonnenuntergang

Für zweieinhalb Tage auf dem Tsiribihina. Zum Abschluss wurden wir gebeten, eine Rede auf die Fahrt und das Zusammenleben mit der achtköpfigen Bootsmannschaft zu schreiben. Natürlich musste das ein Gedicht werden, was mi glucksender Überraschung aufgenommen wurde.

Two and a half day on da Lakana Be

Two and a half day
On da Lakana Be
There are people hard working - their number is: eight
And there's two on the top - who are just gaining some weight

The water's so shallow - and it's not getting better
If the tourists on board become fatter and fatter
But the cooks both made really excellent jobs
And their singing and dancing was Top of the Pops
And so was the work of the rest of the crew
While we just lay down and had nothing to do

The captain did slalom and some marvellous u-turns
And we just laid down and were getting some sunburns
And tried hard to keep all the memories in our head
While the whole crew was eager to rescue a hat
Jonny explained us nearly whole Madagascar
And in the distribution of pencils - he's really a master
And there's so much to mention that you did for us:
Building up tents, collect wood, play guitars
So it feels like a week what was twoanhalfday
That we were your guests on the Lakana Be

We'll keep this in mind and especially
When we are back in Germany
Back in our jobs and in cold winter's shiver
We'll remember the lazy days on Tsiribihina river
Thank you so much
For giving us such
A great time: twoanhalfday
On the Lakana Be

Tsiribihina & das dreihundertneununddreißigste Gedicht

Für zweieinhalb Tage auf dem Tsiribihina River.

Für zweieinhalb Tage auf dem Tsiribihina.

Im Fluss

Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss
Nur ich stecke mit Hochgenuss
Nach Fahrrinnenslalom und Stromschnellentest
Auf einer der stoischsten Sandbänke fest

Es frug mich manch See- oder sehender Mann
Ob er mir nicht irgendwie raushelfen kann
Und herzlich gestelzt klingt mein "Dankeschön, nein!"
Das muss zwar nicht, aber das darf mal so sein
Dass das lange, ruhige Leben sich wallt
Mein knarzendes Rückgrat mit Kraft überspült

So werd' von der Massen der Wasser, geballt
Ich bis zu den Knien durch die Sandbank gewühlt
Bald schlucke ich Wasser, bald riech' ich Ertrinken
Schon spann' ich die Flügel, noch tiefer zu sinken ...

Dann geb' ich meinen Rumpf 'nen Stoß
Und heb' mich aus dem Sandsumpf los

Ich genieße wie niemals zuvor dieses Treiben
Mit Ruhe und Länge im Einklang zu bleiben

Doch jedem Hindernis zollt nun mein Wissen Respekt
Dass so viel Gewalt in der Stromlinie steckt

Mohrenlemur & das dreihundertsiebenunddreißigste Gedicht

Weiblicher Mohrenlemur

Nach der gut gefüllten Lemurengedichte-Serie in "Mehr Kacheln!" bin ich tatsächlich in diesem Urlaub noch auf bislang von mir unbedachte Arten gestoßen. Hier Fortsetzungsfolge drei von vier. Der Mohrenlemurmann ist eigentlich schwarz - hier abgebildet ist ein Weibchen.

Mohrenlemur (oder Schwarzer Lemur)

Ja, du bist der schwärzeste von allen
Mit dem härtesten, welligsten Herz aller Welten
Dein Fell lässt die Strahlen der Sonne verhallen
Und vergessen, dass sie auch nur etwas erhellten

Es dient dessen Schwärze dem Gelb deiner Augen
Die schwefelgelbwild alles Leuchten einsaugen
Laut Grundlektion der Metaphorik
Ein Farbsignal von Diabolik
So zähltest du im Furchteinflößen
An anderen Orten zu den Größen
Doch da rangiert doch weit vor dir
In Hiesigkeit das Fingertier

Dein Weibchen hat das längst erkannt
Geht nicht mehr einher mit dem Farb-Nein des Mohren
Haselnussbraun schmückt ihr Damengewand
Sie krönt gar mit Weißheit den Pelz ihrer Ohren

Dein Schwarz schaut fast noch böser drein
Wo andre sich graziös befrei'n!

Palmarium & das dreihundertfünfunddreißigste Gedicht

Coquerel-Sifaka

Ein Koalagedicht. Der erwähnte Baum ist lediglich eine madagassische Unterart des Eukalyptus, der eben die erwähnte papierne Rinde aufweist. Der abgebildete Koala ist ebenfalls endemisch und heißt Coquerel-Sifaka (über den es aber schon in "Mehr Kacheln!" ein entsprechendes Gedicht gibt). Er ist der letzte Überlebende einer Sifaka-Familie, die es auf der Palmarium-Insel nicht geschafft hat.

Beweggrund für ein Koalagedicht

Wär ich Bär, oha, ich wär
Gerne ein Koalabär
Denkt's mich unterm Eukalyptus
Aufgehängt im Rebootrhythmus
Längst vom scharfen Saft belämmert
Dessen Vorschlagskraft jetzt hämmert:
Es kann doch nichts okayeres geben
Als so ein Koalaleben!

Und des Baums beleb'nder Duft
Nebelt in die steh'nde Luft
Und will mich mit Menthol betören
Dass ich mich im Hirne winde:
"Könnt' ich doch hierhin gehören!"
Kraxelnd an papierner Rinde ...

So atemfrisch ist ungefähr
Das Leben vom Koalabär
So dacht es mich dereinst am Strand
In einem fern geleg'nen Land ...

Letztlich blieb doch einfach alles beim Alten
Ich wollt nur den Duft in Erinn'rung behalten

Rotbauchlemur & das dreihundertzweiunddreißigste Gedicht

Rotbauchlemur

Nach der recht umfangreichen Lemurengedichte-Serie in "Mehr Kacheln!" bin ich tatsächlich in diesem Urlaub noch auf bislang von mir unbedachte Arten gestoßen. Hier Fortsetzungsfolge eins von vier. Es folgen noch drei weitere Gedichte und Fotos u.a. vom Aye-Aye.

Rotbauchlemur

Von roter Farbe ist dein Bauch
Ich würde sagen: Sicher - auch!
Ist doch dein Fell, noch ungegerbt
Ganz regelmäßig eingefärbt

Warum stürzt sich die Namenswelt
So auf dein Bäuchlein, rot befellt?
Das wollig, pummlig aufgebauscht
Leicht angekräuselt unterflauscht
Im Weichsein vielleicht unbeschreiblich
Doch gleich verteilt am Körper, mein' ich

Nun mussten die Namensvergeber wie -innen
Ja irgendwo mit dem Benennen beginnen
So benannten sie vorerst dich nach deinem Bauch
Dahinter (in Klammern) steht unsichtbar "auch!"

Abu Dhabi VII & das dreihundertsiebenundzwanzigste Gedicht

Abu Dhabi Silhouette

Dattelglück

Es schmeckt la Dattel d'Abu Dhabi
So nach "ja, hier komm ich her!"
Nach orientalischst und arabi-
Chst und Schleck und "köstlich, mehr!"
Bergamott' winkt, Kardamom
Sandsturm, Temp'raturphantom
Affenglut bis Abendbrise
Scheichgewand und Ölpreiskrise
Nach Verheißung, Adlerholz
Oryx, Souqs und Sultanstolz

Wie ein Harz aus dem Herzen der Wüste geronnen
Wie von Myrrhe beraucht, für den Gaumen erwählt
So haben wohl schon tausend Nächte begonnen

Die eine mehr braucht's, die dir alles erzählt

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